Der Tag danach

Begriffserklärung vorweg:

Flint* bezeichnet alle diskriminierten Gruppen im Patriachat, im Gegensatz zum Begriff Frauen.

Mehrfach hab ich gestern, am internationalen Flint*kampftag

Freundinnen gesagt, ich fühle mich, als hätte ich Geburtstag. Ich war so glücklich, so im Rausch. Für ein Augenblick hat sich die Zukunft nicht schwer und ein Wandel realistisch angefühlt. Endlich konnte ich ohne Rücksichtnahme auf geknickten Männeregos über die strukturelle Diskriminierung sprechen, darüber, welche Privilegien männlich gelesenen Personen einfach von Geburt an haben. Zum Beispiel Mittelpunkt, die Norm der Gesellschaft zu sein. Für einen Tag hab ich mich als weiblich gelesene Person so gefühlt.
Ich hab gerufen, diskutiert und demonstriert für Dinge, die ich jeden Tag denke aber zu selten sage. Für diesen einen Tag schien es Konsens, dass wir in allen Gesellschaften eine riesengroße Ungleichwertigkeit der Geschlechter haben. Für einen Tag ging es mal nicht darum, zu erklären, warum wir Feminismus brauchen. Sondern es ging ums Handeln, um direkte Taten.
Es war ein bisschen wie frische Luft schnappen. Wie ein anderes Leben sein könnte. Wenn die Bedürfnisse von Flint* genau so viel Aufmerksamkeit und Beachtung fänden, wie die der Männer.

Doch was heute. Am Tag danach? Und an all den anderen Tagen bis in einen Jahr?
Geht es wieder zurück in den gewohnten Trott?
Wann erkennen wir als Gesellschaft endlich an, dass wir, wie Margarete Stokowski so schön sagt, uns nicht aus den Fesseln des Patriarchats befreit- sondern lediglich gelernt haben, in ihnen shoppen zu gehen.

Wie schon gestern gesagt sollte zumindest jeden zweiten Tag Weltflint*tag sein. Denn jeder andere Tag ist ein Weltmänner*tag.

Ich hab keine Lust mehr auf warme Wort, auf angepassten Feminismus und darauf, meine Systemkritik so seidenweich zu verpacken, dass ich auch ja niemensch damit triggere. Wir sind nicht durch moderate Revolution und Angepasstheit dahin gekommen, wo wir heute sind. Wir haben es den Flint* zu verdanken, die über alle Grenzen gegangen sind, die nicht auf die Menschen gehört haben, die sagten , es sei schon alles gut. Nichts ist gut.

In deutschen Unternehmensvorständen sitzen laut Familienminsterin Franziska Giffey mehr Michaels und Thomasse, als Frauen, geschweige denn Flint*!

Lets stop Wohlfühlfeminismus!

Der erste Schritt ist anzuerkennen. Nicht mehr leugnen. Nicht mehr Probleme zu individualisieren. Nicht mehr zu glauben, es betrifft dich nicht, denn das tut es. Wenn du als Flint* noch nicht wütend bist, dann schaust du nicht genau hin. Und wenn du als Mann noch nicht beschämt bist, dann hast du noch nicht angefangen, deine Privilegien zu dekonstruieren.

 

Happy Worldmensday